Der Drache – ein Glücksbringer in China – ist in den meisten anderen Ländern ein unheimliches Symbol der Vernichtung. Und so vernichtend erscheint Chinas roter Kapitalismus-Drache den Autoren von „Der große Beutezug“ auch in jedem der 25 Länder, die sie bereisten.
Hauptthemen im Buch sind die stillen Beutezüge und Chinas rasant wachsender weltweiter Einfluss auf Wirtschaft und Politik. Schmuggel, Korruption und die Unterstützung von Diktaturen gehören zum Instrumentarium des Regimes, das seine Interessen mit Gewalt vertritt und seinen Rohstoffhunger rücksichtslos befriedigt.
Die Chinesen sieht man nicht, aber sie sind überall
Zwei Jahre lang waren die mit China vertrauten Journalisten Juan Pablo Cardenal und Heriberto Araújo auf Recherchereise, um Chinas „stille Armee“, wie sie von ihnen genannt wird, zu beobachten. Das Heer von Chinesen im Ausland besteht aus unscheinbaren Händlern, die die billigen Arbeitskräfte vor Ort gnadenlos ausbeuten, und aus Arbeitern, die unter unmenschlichen Bedingungen schuften.
2011 erschien das Buch zunächst in spanischer Sprache und wurde jetzt vom Hanser Verlag auf den deutschen Markt gebracht. Man kann leider annehmen, dass die geschilderten Verhältnisse sich inzwischen eher verschlimmert haben.
Aktuelles Beispiel dafür ist der Hilferuf des philippinischen Präsidenten Aquino vor territorialer Bedrohung durch Chinas Regime in seinem Interview mit der New York Times vom 4. Februar: „Wann sagt man endlich, ‚Genug ist genug?’ Die Welt muss es aussprechen. Denkt daran, dass das Sudetenland an Hitler gegeben wurde, um den Zweiten Weltkrieg zu verhindern.“
Mit der Fackel in die dunkelsten Ecken
Vertraut mit chinesischer Geheimniskrämerei wollten die Journalisten auf ihrer selbstfinanzierten Reise, die ihnen ihre Unabhängigkeit wahrte, „mit der Fackel in die dunkelsten Ecken leuchten“. Ihre Fragen richteten sie aus Gründen der Transparenz und der Fairness immer zunächst an die chinesischen Experten, Diplomaten, an Beamte, Finanzspezialisten, Unternehmer und Arbeiter vor Ort. Was nicht bedeutete, dass man ihnen immer bereitwillig antwortete.
Natürlich waren sie auch interessiert an den Lageberichten von Menschen aus den bereisten Ländern, ob Chefs oder Fachleute, Arbeiter oder Beobachter. Kein Projekt wird beschrieben, das sie nicht mit
eigenen Augen gesehen haben. Aber die Lebensumstände auf den Reisen durch Afrika, Südamerika, im Nahen Osten oder im Iran, waren für die Journalisten oft schwerer zu ertragen als die Arbeit an den etwa 500 Interviews.