Eines Morgens, 1945, schickte der Viet Minh eine amerikanische Limousine zur französischen Zitadelle in Hanoi und brachte die Überläufer direkt zum Hauptquartier des vietnamesischen Widerstandes. Dort warteten bereits die drei wichtigsten Helfer Ho Chi Minhs: der spätere General Giap, Pham Van Dong, der 1976 der erste Premierminister des wiedervereinigten Vietnams werden sollte, und Truong Chinh, Generalsekretär der kommunistischen Partei.Die Überläufer kamen wie gerufen. Die Führer des neuen Vietnam waren meist junge Intellektuelle und Berufsrevolutionäre und hatten wenig Ahnung von Militärstrategie oder Verwaltungsorganisation. Ernst Frey, bei der Fremdenlegion umfassend in Kriegstaktik ausgebildet, brachte es bis zum Oberstleutnant und einem der engsten Berater von General Giap. Mehrere Jahre lang hatte er als Einziger immer Zugang zum "Gottoberst". Die beiden Intellektuellen Borchers und Schröder erhielten führende Aufgaben bei der Propaganda, so brachten sie die erste Zeitung des Viet Minh in französischer Sprache heraus.Der Einfluss der "neuen Vietnamesen", wie man die Überläufer nannte, nahm allerdings schlagartig ab, als die Chinesen ins Land kamen. Mao Tse-tung schickte nicht nur massive materielle Hilfe, sondern auch Tausende Militärberater und Parteikader über die Grenze. "Der Viet Minh war vorher eine eher patriotisch-nationale Bewegung, wenngleich immer in der Hand der kommunistischen Partei, die allen Klassen offen stand", schreibt der heute in Paris lebende Historiker Heinz Schütte, der die Geschichte der deutschen Überläufer erforscht und darüber kürzlich auf einer Tagung des Goethe-Instituts in Hanoi berichtet hat. Erst mit der Ankunft der Chinesen wandelte sie sich zu einer straff organisierten maoistischen Partei. Es kam zu Terror und Säuberungen und zu immer mehr Spannungen zwischen Überläufern und Viet-Minh-Oberen. Frey und Schröder verließen schließlich entmutigt das Land in Richtung Europa.
http://www.zeit.de/2004/11/A-Indochina/seite-4