Dienstag, 26. Februar 2013

Auf Einkaufstour in Europa


Sie nutzen die Gunst der Stunde: Chinesische Investoren haben in den letzten zwei Jahren doppelt so viel in Europa investiert wie in den USA. Die Chinesen nutzen die europäische Krise, um sich kostengünstig in für sie interessante Märkte einzukaufen. Auch politisch sind die Investitionen in Europa einfacher als in den USA.
Im Jahr 2008 und in den Jahren davor war es noch etwa eine Milliarde Dollar (760 Mio. Euro) gewesen, die chinesische Investoren jährlich in Europa investierten. Ein Jahr später hatte sich die jährliche Investitionssumme schon verdreifacht. 2011 schließlich verdreifachte sie sich ein weiteres Mal, auf nun etwa 10 Milliarden Dollar, und auf diesem Niveau blieb sie auch im vergangenen Jahr.
Im Vergleich dazu hinken die chinesischen Investitionen in den USA deutlich hinterher: von einer Milliarde Dollar im Jahr 2008 erhöhten sie sich auf fünf Milliarden in 2010, sanken im Jahr 2011 darauf auf 4,7 Milliarden ab und erhöhten sich schließlich 2012 bis auf 6,5 Milliarden Dollar – auch ein beachtliches Ergebnis, aber eben deutlich weniger, als die Chinesen in Europa investierten.
Warum aber greifen die chinesischen Investoren in Europa so beherzt zu? Laut Thilo Hanemann, Marktforschungsdirektor bei dem amerikanischen Consultingunternehmen Rhodium Group, ist die Antwort ganz einfach: "Chinesische Investoren nutzen die derzeit für sie günstige Lage, um sich bei wichtigen europäischen Industrieunternehmen – die im Moment aufgrund der Krise knapp bei Kasse sind – einzukaufen. Insgesamt gesehen bevorzugen die Chinesen dabei Anlagegüter, die ihnen auch langfristig stabile Einnahmen garantieren, wie zum Beispiel Investitionen in Infrastrukturprojekte", sagt Hanemann.
So investierte China beispielsweise allein im letzten Jahr etwa 3,8 Milliarden Euro ins europäische Transportwesen, während die amerikanische Transport-Infrastruktur überhaupt keine chinesischen Investoren anlocken konnte.
Laut Hanemann seien – gerade im Falle der USA – nationale Sicherheitsbedenken oft ein wichtiger Faktor, der chinesische Investments verhindere. "Chinesische Telekommunikationsunternehmen investieren in Europa dreimal so viel wie in den USA, wo das 'Committee on Foreign Investments in the U.S.' (CFIUS) sich bei verschiedenen Übernahmen eingemischt und chinesische Unternehmen daraufhin viel Geld und lukrative Geschäftschancen verloren hatten", schreibt Hanemann in einem am Montag veröffentlichten Bericht.
Hanemann glaubt, dass die USA auch in Zukunft ein für chinesische Firmen interessanter Investitionsstandort sein werden. Er wies allerdings darauf hin, dass die politischen Reaktionen auf Investitionsprojekte künftig eine kritischere Rolle bei Geschäftsabschlüssen in beiden Ländern spielen werden.
Europa hingegen werde auch in den kommenden Jahren große Summen an chinesischen Investitionsgeldern anziehen.